Montag, 7. Dezember 2009

Israelisches Tagebuch 14

Seid Ihr bewaffnet? Nur mal so, nebenbei gefragt. Seid Ihr es? Habt Ihr, ganz zufällig natürlich, Euer AK-47 in der Einkaufstüte vergessen? Oder diese schöne Handgranate die Ihr letztes Jahr vom Opa zu Weihnachten geschenkt bekommen habt? Kann ja mal vorkommen, so ist es nicht. Ich zumindest bekomme diese Frage ziemlich häufig gestellt. Am Eingang zum Kino, Zum Supermarkt, zur Uni, immer mit ein Paar Streicheleinheiten von einem Metaldetektor. "Ersatz", hat es ein israelischer Autor genannt. Er meinte, die Israelis brauchen immer ein wenig von dem Gefühl, sie seien im Einsatz, oder zumindest in irgendeiner Art Gefahr. Andere Menschen sagen, die Bedrohungen sind immer noch da, und müssen ernst genommen werden. Sie haben wahrscheinlich beide Recht. Ich kann es mir halt kaum vorstellen, am Eingang zum Lidl von einem alten netten Herrn mit schwerem russischen Akzent aufgefordert zu werden, meine Tasche aufzumachen.

Heute, nachdem ich diese offizielle Begrüßung am Eingang des "Disengoff-Centre" in Tel Aviv bekommen habe, bin ich in einen Heimwerkladen gegangen. Es ist leider so, dass der nette Mann der den Auftrag hat, unserer Wohnung den letzten Schliff zu geben, besser mit einer Tasse Kaffee und einer Zigarette umgehen kann als mit einer Bohrmaschine. Ich gebe zu, es ist nett mit ihm zu plaudern, er hat viel gesehen und erzählt gerne davon. Er ist ein jemenitischer Jude, dunkel braun mit großen, schwarzen Augen, und er macht den besten schwarzen Kaffee den ich je von jüdischer Hand bekommen habe (die Araber, man muss es zugeben, machen es besser). Heute war er da um einiges im Badezimmer zu reparieren. Während er ausführlich über die Dummheit seines Kollegen berichtet hat, rief mich die Hausbesitzerin an. Wer meine ersten Bolgeinträge gelesen hat, weiß dass diese nette Dame fließend Deutsch kann. Als sie verstanden hat, dass ihr treuer Handarbeiter in Hörweite war, bat sie mich darum ihr auf Deutsch zu berichten, was in der Wohnung noch zu tun sei. "Nun gut", sagte sie, "Wenn Sie mich fragen, wären Sie gut beraten wenn Sie selber in den Heimwerkladen gehen und das nötige besorgen. Ich gebe Ihnen das Geld zurück. Und reparieren Sie alles selbst. Es geht wirklich schneller."

Ich kann mit Stolz berichten, ich habe es geschafft das Badezimmer allein in Ordnung zu bringen. Ich gebe aber zu, ein leichtes Zittern in den Händen zu spüren – das kommt, nehme ich an, von dem ganzen Kaffee.

Und jetzt sitze ich im Wohnzimmer, draußen regnet es, und ich denke daran dass ich in ein Paar Tagen in Berlin bin. Ich kann es mir, ehrlich gesagt, kaum vorstellen. Jedes Mal, als ich von einem Besuch in Israel nach Berlin zurückkam, war es mir wahnsinnig wichtig mich so schnell wie möglich von der israelischen "Masse", die mit mir den Flughafen verließ, zu trennen. Ich wollte schnell wieder einer von "hier" sein, ich machte mein deutsches Handy an und suchte die Euromünzen in meiner Tasche, und freute mich sichtlich auf das beschießene Wetter. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kommt es mir blöd vor. Ich kann mir aber vorstellen dass es mir fehlen würde, in meine Wohnung zurückzukehren. Dieses Gefühl, meine Tasche auf den Holzboden zu stellen, durch die Zimmer zu gehen um zu schauen dass alles in Ordnung ist. Es wird mir fehlen, meinen Dönderfreund zu begrüßen, den Verkäufer im Spätverkauf, oder die böse Nachbarin, die sehnsüchtig auf die Rückkehr von Erich Honecker wartet. Meine Berliner Momente, halt.

Bevor ich jetzt zu sentimental werde, gehe ich lieber ins Bett.

Ich drücke Euch alle und freue mich riesig darauf, Euch bald zu sehen,

Euer Ofer

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