Dienstag, 8. Dezember 2009

Israelisches Tagebuch 15

Es wird ein kurzer Eintrag, vielleicht nur ein Gedanke.

Heute Abend haben wir ein Konzert gespielt, in Rishon LeZion. Dvoraks Cellokonzert, La Wals von Ravel, ein unerträgliches israelisches zeitgenössisches Stück, und zum krönenden Abschluss, die Orchestersuite aus "Der Rosenkavalier" von Strauss. Ich habe den Rosenkavalier schon gespielt, in Berlin und in Nürnberg. Die Bilder, die ich im Kopf habe wenn ich diese Musik spiele, sind aber aus Salzburg – wo ich die Wiener Staatsoper mit einer prächtigen Inszenierung erlebt habe. Schöne Frauen, schöne Männer, schöne Kleider, großzügiges Bühnenbild, nach bestem österreichischen Geschmack.

Der letzte Akkord verschwand im Konzertsaal, der (deutsche) Dirigent lies das Orchester aufstehen, und das Publikum applaudierte freudig und laut. Ich ging mit meinen Kollegen von der Bühne ins Treppenhaus, und dann in den großen Orchesteraufenthaltsraum. An einer Seite des Raums steht ein riesiger Fernsehapparat, auf dessen Bildschirm grade die Nachrichten liefen. Ich schaute sie kurz an, beim Vorbeigehen. Siedler, zornig und handgreiflich, füllten die Bildfläche. Sie kämpften heute gegen die Polizei, weil diese ihnen das Regierungsbefehl erteilen wollte, in dem steht – sie dürfen für die nächsten 10 Monate in den Siedlungen nichts bauen. Für sie ist das ein böses Omen, ein Vorspiel für die Evakuierung die mit einem Friedensprozess verbunden ist. Also kämpfen sie mit allen Mitteln dagegen. Vor meinen Augen sehe ich wie hassvoll sie alles beschimpfen, was mir heilig ist. Sie hassen die Linken, sie hassen die Araber, sie hassen Obama und Netanyahu, sie hassen, glaube ich, Menschen wie wir.

Ich kam aus meiner heilen Welt der K und K Monarchie und begriff, auf einmal, wo ich lebe. Wird es hier zu einem Bürgerkrieg kommen? Das Wort ist dem heutigen israelischen Dialog nicht fremd. Wird er aber kommen? Oder werden wir in ein anderes gegenseitiges Abschlachten mit den Arabern gespült? Ich fühle mich wie jemand der einer gigantischen Katastrophe entgegen geschleudert wird, klein und machtlos. Oh je.

Gute Nacht aus Tel Aviv,

Euer Ofer

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