Freitag, 30. August 2013

Eine feige Bemerkung

Milan Kundera schrieb mal, Verrat sei so eine Sache die einzig beim ersten Mal weh tut, als ob sich etwas einspielen, einüben sollte, das Verratsmuskel. Hat sich dieses einmal geregt, so wird jedes Mal leichter, natürlicher, eine leichte Bewegung der Hand, ein Wink und ein kurzer Blick.

Was soll ich denn schon verraten können, woher der Pathos schon wieder, fragt Miriam aus Berlin in meinem Kopf, obwohl sie genauso besorgt ist wie ich, ich weiß es, ich spüre in meiner Nase den Leinengeruch der auf uns wartenden Bettdecken in Berlin Charlottenburg.

Es sammeln sich wieder Kriegswolken am Horizont, dieses Mal sollten sie giftig sein. Zwei Schlangen bieten sich an. Die eine, vor der Postfiliale wo die Gasmasken vergeben werden – der Internetversanddienst ist kollabiert an dem Tag, an dem Obama seine Lederjacke anzog -  stinkt nach Schweiß, stinkt nach Menschen auf die keine nach Leinen riechenden Bettwäsche in Berlin Charlottenburg warten. Sie stinkt nach eingeübter Angst, sie besteht aus Menschen die ihre Angst verrichten wie eine Hure den Liebesakt.

Meine alte polnische Klavierlehrerin lächelte mich neulich an, ihre Augen waren von einem Cognac-Samstag versüßt, und sagte  – Juden sollten ihren Kindern zwei Sachen vererben. Sprachen und Pässe.

Und so bevorzuge ich die andere Schlange, die die demnächst möglicherweise ruhig vor dem Büro von Lufthansa oder Austrian Airlines bilden wird, ich habe ja den passenden Dialekt für jede Gelegenheit. Verrat ist doch höflich, da macht man sich nichts vor. Man wiegt Giftgaskontingenten gegen einander ab und tauscht die israelische Sim-Karte gegen die deutsche ein, in einer leichten, eingeübten Handbewegung.


(Allen Puristen die mich jetzt beschimpfen sage ich – Ihr habt Recht. Was ist mein leichtes Zittern gegen das vorstellbare Leiden in Syrien, gegen das große Sterben. Ich versuche mich an diesem großen Sterben vorbei zu schleichen. Ich will nicht, dass es merkt, da läuft jemand mit zwei kleinen Mädchen, einer Frau und einem Hornkoffer vorbei. Wir lesen alle die gleichen Nachrichten und sehen die gleichen Bilder, nur bei mir droht demnächst das Blut aus dem Bildschirm auf die Tastatur überzulaufen. Also, verzeiht mir wenn ich denen, die Recht haben, sage – Ihr könnt mich mal. Danke.)

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