Liebe Freunde,
ich beneide Euch. Vom tiefsten Herzen. "Wieder Ofer mit seinen tragischen Äußerungen", sagt Ihr. Aber nein, es geht hier nicht um Bier und Schnee, Wurst und TVK*. Es geht um viel mehr, es geht um Hoffnung, oder besser gesagt – um Hoffnungsträger.
Der heutige Beitrag fängt in einem kleinen Zimmer in Berlin-Kreuzberg an, vor ca. zehn Jahren. Kleines Öferchen, relativ frisch in Deutschland, saß bei seinem (inzwischen nicht mehr so) guten Freund T., und genoss ein wenig Alkohol und ein wenig andere Substanzen die dem Gesetz zwar fremd, dem berliner (oder eigentlich jedem) studentischen Dasein wohl vertraut sind. Es waren meine "jungfräulichen" Jahre in Deutschland, ich habe gerade angefangen Eure Sprache zu verstehen, und dieses Deutschland kennen zu lernen. Es hat sich damals auch ein Prozess der Desillusionierung in Gange gesetzt – wer meine Beiträge liest weiß, dass mein lieber Herr Papa mir so einiges über Europa und Deutschland erzählt hat, was ehr für die 30er passen würde (natürlich ohne die Bösen). Auf einmal sah ich mich mit der Realität konfrontiert, die Deutschen sind durchaus in der Lage, zu spät zu kommen, zu fluchen, mit offenem Mund zu kauen, und weitere solchen unvorstellbaren Scheußlichkeiten.
Zurück zu jener Kreuzberger Wohnung – während ich mich mit der damaligen Lebensabschnittsgefährtin (ich wollte dieses Wort immer schon schreiben) meines (wie gesagt, ebenfalls) damaligen guten Freundes unterhielt, öffnete sich die Tür, und eine Gestalt kam herein, die mich prompt zutiefst beeindruckt hat. Fades blondes Haar, rote Wangen, kleine, blaue wässrige Augen, eine Nase, die in der Regel mein Jahresgehalt kosten würde, und über allem, eine Art, lieber Gott, eine Art die allen im Zimmer sofort das verriet, was ich noch nicht mal ahnen konnte – dieser junge Mann wird mein Deutschlandbild retten, dieser junge Mann ist – tief atmen – ein Adliger.
WAS? Die gibt´s noch? Das muss wohl ein Scherz sein. Ich dachte aber…. Der Krieg…. Revolution…
Nein nein. Ich dachte falsch. Ich wollte es nicht glauben, also bat ich den jungen Herrn (meine Gesprächspartnerin musste mich davon abbringen, mich zu verbeugen) darum, mir seinen Personalausweis zu zeigen. Und da stand es (besser gesagt – da stand es nicht, da der Platz nicht ausreichend war) – ich kann mich heute nicht mehr an den ganzen wahren Namen erinnern, aber es war so was wie "Freiherr Baron Graf Prinz König Kaiser zu, von und über den Wolken". (es ist mir durchaus bewusst, ich zitiere hier Loriot. Mit höchster Achtung.)
Es sind viele Jahre seitdem vergangen, und ich habe mich inzwischen daran gewöhnt dass diese Relikte aus anderen Zeiten noch unter Euch leben, mit Namen so lang wie der Alexturm, adlig und schweigend, reich und, na ja, reich. Ich habe mich eine Zeit lang sogar mit dem Gedanken amüsiert, mich von so einem adoptieren zu lassen. Ich frage mich, ob es mir dann auch so erginge, wie jenem Freiherr Baron zu Guttenberg. Der lieber Freiherr bringt es ja auf den Punkt – einen geilen Namen muss man haben, kombiniert mit einem Schloss und einem Drachen in der Garage, und hopsala ist man ein Hoffnungsträger der gesamten Nation. "Ach, mon-chér", sagt von und zu zu seiner Gattin, die ebenfalls zu und von ist, "die letzten 90 Jahren waren ein Intermezzo, so wie beim letzten Konzert von Herrn Papa. Jetzt dürfen wir wohl wieder. Was denkst Du, soll ich Deiner Mutter zum Geburtstag Sachsen schenken?"
Wieso kann so was in Israel nicht funktionieren? Wieso kann ich, zum Beispiel, nicht "Ofer Frederik von der Galiläa, Herrscher über Israel, Bezwinger des Kamels" heißen? Damit würde ich es hier sicherlich zum Ministerpräsidenten bringen. Ach, Moment Mal – dafür müsste man hier aber auch die CSU einführen.
Vielleicht ein anderes Mal.
Bis dahin, seid mir alle lieb gegrüßt,
Euer
Ofer von und zum Orchestergraben
*Tarifvertrag der deutschen Kulturorchester
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Du bist nach wie vor --"Linke"!!!!! :=)
AntwortenLöschenUnd es ist auch gut so...
Liebe Grüssse aus herbstlich-depressive Berlin
Igor
Wann hast du ein Kamel bezwungen? Gibt es davon ein Foto ?
AntwortenLöschenGrüße aus Franken
Johanna und Harald