Liebe Freunde,
Das Pesach-Fest ist vorbei. Gott hat für uns wieder das Meer in zwei geteilt, Moses hat Pharao gezeigt wer hier das Sagen hat, und meine Mutter, die sonst nie Wein trinkt, genoss den süßen Pesachwein und sang jiddische Lieder bis spät in die Nacht. An der Oper spielen wir grade "Die Jüdin" von Halevi mit einer phantastischen Besetzung, und an der Uni studiere ich über die Polnisierung von Ostpreußen. Soweit die Schlagzeilen.
Ich hatte das große Glück, eine Familie eines guten Freundes aus Nürnberg zugast bei mir, also bei uns, zu haben. Mein Freund, ein ehemaliger Kollege von mir, bat mich darum einen Plan zu schmieden um das ganze Land in einer Woche zu sehen. Ich glaube, um Israel richtig kennen zu lernen braucht man ein Jahr, aber ich habe mein bestes gegeben, und glaube, eine anständige Woche auf die Beine gestellt zu haben.
Ich erspare Euch den genauen Weg, Ihr könnt Euch aber schon ausdenken dass Jesus ein ziemlicher Star dabei war- Ich wollte Euch aber von einem Moment berichten der mich zum Nachdenken brachte.
Nachdem wir den Ort besucht haben, an dem Jesus getauft wurde, sind wir durch das Jordan Tal gen Jerusalem gefahren. Die Landschaft in diesen Gegenden ist zauberhaft – dieses Tal liegt im Herzen des Syrisch-afrikanischen Bruchs, und führt vom See Genezareth zum Toten Meer. Die Strasse, "Kvish-Habikaa", die entlang des Jordan-Flusses, also entlang der Grenze zwischen Israel und Jordan (oder besser gesagt, das Haschimitische Jordanische Königreich) gebaut wurde, kenne ich gut aus meiner Kindheit, als wir meinen Papa (und danach, meinen Bruder) der dort seinen Reservistendiesnt leistete besucht haben. Rechts und links von ihr ragen die Berge von Judäa und Moav, und je südlicher man fährt, wird die Landschaft wüstenartiger und trockener. Ungefähr auf ein drittel Strecke zwischen den Meeren sieht man plötzlich ein Häuschen mit ein Paar Soldaten, ein Unofahrzeug, zwei staubige Flaggen, und ein Schild mit der Aufschrift, "Langsam fahren, Strassenbarriere". Wir fuhren daran vorbei, nachdem wir das internationale Gesetz hinter uns gelassen haben, und hoppla – wir waren im Westjordanland. Anderthalb Stunden später, Taten wir das gleiche, nur umgekehrt – wir fuhren aus den Besetzten Gebieten ins Jerusalemer, also israelische Gebiet, durch einen ähnlichen Checkpoint. Ich ahnte schon dass es interessant wird, als ich ein stilles Stöhnen aus der Richtung der Rückbank hörte. Es war die ältere Tochter, und sie hatte anscheinend eine Frage. "Ofer, was war das grade?"
"Ein Checkpoint."
"Wie eine Grenzkontrolle?"
"Nein, ähhh…. Noch nicht, aber doch irgendwie."
"Also wie jetzt?"
"Na ja, das ist die Grenze zwischen den Besetzten Gebieten und Israel."
"Aber wir wurden nicht angehalten und mussten unsere Pässe nicht zeigen. Ist das nicht komisch?"
"Ja ja, sehr komisch", (da fing ich an zu schwitzen. Ich ahnte böses.) "Wir dürfen durch diese Grenze auch ohne Pass fahren."
"Dürfen es nicht alle?"
Da habt Ihr es. Ich erspare Euch die Klischees über Kinder, aber das ist nun mal ein echtes Paradebeispiel. Wie soll meine nächste Antwort aussehen? Liebes Mädchen, alle dürfen hier passieren, nur Araber aus den besetzten Gebieten nicht? Sie haben uns nicht kontrolliert weil wir ein israelisches Kennzeichen haben und helle Haut? Es gab eine Zeit, in der böse Menschen aus diesen Gegenden hier unsere Busse, Cafés, Restaurants in die Luft gejagt haben?
Ich habe dem Mädchen die kurze Variante der Wahrheit erzählt, und habe einfach gesagt, "Nein, nicht alle dürfen hier durch. Wir aber schon. Habt Ihr Hunger?"
Man redet immer darüber, wie oberflächlich die Kinder unserer Zeit sind, wie verwöhnt und frech. Ich glaube aber, in Punkto Gerechtigkeit ist ihr innerer Kompass richtig gerichtet, oder zumindest besser als der einiger Erwachsenen.
Ich wünsche Euch allen ein ruhiges Wochenende,
Euer Ofer
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